Das Schwerbehindertenrecht beinhaltet die Rechte und Leistungen für behinderte Menschen. Eine Behinderung liegt vor, wenn körperliche Funktionen, geistige Fähigkeiten oder die seelische Gesundheit eines Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Als schwerbehindert im Sinne des Schwerbehindertenrechts (§§ 151 ff SGB IX) gelten Personen, bei denen ein Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 vorliegt nach § 2 Abs. 2 SGB IX. Die Schwerbehinderung wird festgestellt durch die zuständigen Behörden. Die Feststellung erfolgt auf Antrag. In NRW sind hierfür die Kreise und kreisfreien Städte zuständig.
Zum Ausgleich der Nachteile, die aus der Behinderung erwachsen, haben behinderte Personen verschiedene arbeitsrechtliche, steuerrechtliche und sozialrechtliche Leistungsansprüche. So zum Beispiel:
- Bei Erwerbstätigkeit: Anspruch auf Beschäftigung, Teilzeitbeschäftigung, Zusatzurlaub, besonderer Kündigungsschutz
- Im Steuerrecht: Auf Antrag erhalten Behinderte eine Steuerermäßigung (§ 33 EStG) bei der Einkommenssteuer oder einen Pauschbetrag (§ 33 b EStG). Der Pauschbetrag ist abhängig vom Grad der Behinderung. Auch Krankheitskosten, Kosten einer Privatschule, Kraftfahrzeugkosten oder die Kosten einer Haushaltshilfe können steuermindernd berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Auch die Umsatzsteuer, die Grundsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und die Hundesteuer können im Einzelfall entfallen.
- Im Sozialrecht: Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Ausstattung mit Hilfsmitteln, Zuschläge beim Bezug von ALG II und Sozialhilfe, Nachteilsausgleiche.
Eine guten Überblick über die Rechte schwerbehinderter Menschen gibt der Ratgeber für Menschen mit Behinderung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und bietet das Internetportal: http://www.einfach-teilhaben.de.
Aus den vorgenannten Gründen kann es also durchaus erstrebenswert sein, die eigene Schwerbehinderung feststellen zu lassen.
Personen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber mindestens 30, können bei der Agentur für Arbeit ihre Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen beantragen. Sie können von der Agentur gleichgestellt werden, wenn sie wegen ihrer Behinderung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht bekommen oder der Verlust des bestehende Arbeitsverhältnisses droht. Anhaltspunkte für die Gefährdung eines Arbeitsplatzes können sein:
- häufige Fehlzeiten aufgrund der Behinderung,
- eine verminderte Belastbarkeit wegen der Behinderung,
- Abmahnungen oder Abfindungsangebote wegen verminderter Leistungsfähigkeit,
- eingeschränkte berufliche Mobilität aufgrund der Behinderung.
Die Gleichstellung bewirkt, dass der gleichgestellte Beschäftigte Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem Schwerbehindertenrecht hat und den besondere Kündigungsschutz nach §§ 85 ff SGB IX genießt. Außerdem ist er bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung wahlberechtigt.
Gleichgestellte Beschäftigte erhalten jedoch keinen Schwerbehindertenausweis und haben keinen Anspruch auf: Zusatzurlaub, unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr oder die vorgezogene Altersrente nach Vollendung des 60. Lebensjahres.
Rechtsanwalt Ferdinand kann Sie beraten und vertreten, wenn der Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung nicht erfolgreich war oder wenn Sie der Ansicht sind, dass der festgestellte GdB nicht zutreffend ermittelt worden ist oder ein beantragtes Merkzeichen versagt wurde. Das Gleiche gilt, wenn der Antrag auf Gleichstellung erfolglos geblieben ist. Die Entscheidungen sind mit dem Widerspruch und anschließend durch ein Klageverfahren vor den Sozialgerichten angreifbar. Bitte beachten Sie, dass die Widerspruchsfrist nur einen Monat beträgt. Die Frist beginnt mit Bekanntgabe des Bescheides, der durch den Widerspruch oder die Klage angefochten werden soll. Sollte die Monatsfrist bereits abgelaufen sein, so kann ein erneuter Antrag gestellt werden oder aber ein Antrag auf Überprüfung des Bescheides gestellt werden.